Seine Basketball-Begeisterung dringt aus jedem Satz. Wer Stijn van Duijn zuhört, ahnt sofort, dass er diesen Sport früh lieben gelernt hat. Seit dem Sommer arbeitet der 26-jährige Niederländer erstmals im Ausland und trainiert in der kommenden Saison die U18 der Mitteldeutschen Basketball Academy (MBA) in der Weiblichen Nachwuchs-Basketball-Bundesliga (WNBL).
Zudem fungiert er als Assistent von Headcoach Timur Topal beim Frauen-Bundesligisten SYNTAINICS MBC. Wer ist der neue Hoffnungsträger an der Seitenlinie? Im Interview erzählt van Duijn, was ihn antreibt, was er mit der MBA vor hat und wie er privat tickt.
Man kennt die Niederlande als Fußball- und Hockeynation. Wie kommt man dort auf Basketball?
Stijn van Duin: Meine Mutter spielte in der zweiten niederländischen Liga Basketball, und ich wuchs in Groningen, einer der größten Basketballstädte des Landes auf. Sie hat mich und meinen Vater von klein auf mitgenommen zu den Heimspielen von Donar Groningen, die regelmäßig 4000 bis 5000 Fans anzogen. Das Spiel und die Atmosphäre haben mich sofort in ihren Bann gezogen.
Du hast selbst Basketball gespielt, musstest deine Karriere aber früh wegen einer Knieverletzung beenden. War es für dich ein logischer Schritt, stattdessen eine Trainerkarriere zu verfolgen?
van Duijn: Die Verletzung spielte zwar auch eine Rolle, aber ehrlicherweise hatte mein Karriereende auch mit dem Niveau zu tun, auf dem ich spielte. Aus mir wäre sicher kein großartiger Basketballer geworden. Für mich war aber sofort klar, dass ich meine Zukunft als Trainer sehe. Ich liebte das Spiel, und ich mochte es schon immer, mit Menschen zu arbeiten, sie weiterzuentwickeln und die Energie, die ich aus meiner Arbeit ziehe, weiterzugeben.
Mit Johan Roijakkers und Marco van den Berg haben sich zwei niederländische Trainer in den vergangenen Jahren im deutschen Profi-Basketball einen Namen gemacht. Kennst du die beiden persönlich und was kannst du als Deutschland-Neuling vielleicht von ihnen lernen?
van Duijn: Marco kenne ich persönlich. Der Vergleich ist natürlich schwierig, weil er im Männer-Basketball unterwegs ist. Egal, wo er ist, schafft er es, eine enge Verbindung zu der Stadt und der Basketball-Community aufzubauen. Das ist auf jeden Fall einer herausragende Stärke von ihm. Und ich habe in meiner kurzen Zeit hier in Halle und Weißenfels bereits festgestellt, wie wichtig es ist, einen engen Draht zu allen Menschen herzustellen, die mit ihrem Einsatz Basketball auf diesem Niveau ermöglichen.
Van den Berg arbeitet aktuell nicht nur als Trainer beim Zweitligisten Koblenz. Im vergangenen Jahr hat er seinen ersten Roman veröffentlicht. Welche versteckten Talente hast du?
van Duijn: Von einem versteckten Talent würde ich nicht sprechen, aber ich arbeitete in meiner Heimat in einer Tageseinrichtung für Kinder. Wenn ich mit dem Basketball also irgendwann einmal aufhören müsste, könnte ich in mich diesem Bereich verwirklichen. Außerdem habe ich ein Faible für Bücher und Musik.
Im August bist du nach Halle umgezogen. Wie hast du dich eingelebt?
van Duijn: Sehr gut. Ob Jugendtrainer, Akademie-Coaches, Teammanager – sie alle haben mir geholfen, hier anzukommen. Sie haben mir auch die Stadt gezeigt. Ich fühle mich sehr wohl in Halle und mag die Menschen hier.
Wenn du nicht gerade in der Basketball-Halle bist, wo hältst du dich gerne auf?
van Duijn: Es gibt ein paar nette Cafés in der Innenstadt, die ich regelmäßig aufsuche, um dort zu arbeiten oder auch mal ein Buch zu lesen.
In den Niederlanden hast du zuletzt die weibliche U18 und U20 in Zwolle trainiert. Nun bereitest du dich mit der U18 der MBA auf die Saison in der Weiblichen Nachwuchs-Basketball-Bundesliga (WNBL) vor. Welche Eindrücke hast du in den ersten Wochen gewinnen können?
van Duijn: Ich habe ein Team vorgefunden, dass viel Ehrgeiz mitbringt und sehr lernwillig ist. Die Spielerinnen hören zu und greifen auf, was ich ihnen mitteile. Ihre Arbeitseinstellung ist super. Nun geht es darum, das auf dem Feld umzusetzen. Unser erstes Testspiel bei Alba Berlin war kein Leckerbissen, aber es waren schon viele gute Ansätze dabei und wir konnten das Spiel gewinnen. Das Ergebnis werden wir aber sicher nicht überbewerten, schließlich standen wir schon deutlich länger im Training als Alba.
Wie würdest du dich als Coach beschreiben?
van Duijn: Ich lasse meinen Spielerinnen viele Freiheiten und fasse Grenzen sehr weit. Die Entwicklung der Spielerinnen hat für mich Vorrang vor den nackten Ergebnissen. Sie sollen ihr Talent zeigen und Sachen ausprobieren dürfen. Wenn eine Spielerin eine gute Idee hat, gefällt mir das – selbst wenn es an der Umsetzung noch hapern sollte. Ich möchte Kreativität bei meinen Spielerinnen stimulieren. Solange sie mental voll dabei sind, können sie sich jederzeit verbessern. Vieles davon passiert auf dem Feld, doch auch abseits davon ist es möglich, sein Spiel zu verbessern. Ich empfehle zum Beispiel, bestimmte Spieler oder Spielerinnen zu studieren, die auf ihrer jeweiligen Position herausragend sind. Während der Olympischen Spiele haben wir alle gemeinsam die Halbfinalpartie der deutschen Mannschaft gegen Frankreich angeschaut. Auch Euroleague-Partien sind sehr empfehlenswert, wenn man etwas lernen möchte.
Welche Art von Basketball möchtest du von deinem Team sehen?
van Duijn: Wir wollen aggressiv sein, schnell und mit viel Leidenschaft spielen. Mit Fehlern kann ich leben. Ich würde nie eine Spielerin auf die Bank verbannen, wenn sie einen Fehlpass gespielt hat, solange die Idee dahinter gut war. Was ich aber immer erwarte, sind Hingabe und Einsatz.
Was muss passieren, damit du die kommende Saison als Erfolg bezeichnest?
van Duijn: Die WNBL zu gewinnen, ist nicht der Maßstab. Mein Ziel ist es, Spielerinnen weiterzuentwickeln und an das Bundesliga-Team heranzuführen. Und ich möchte, dass die MBA neben Chinaza Ezeani und Daria Ilies weitere Nationalspielerinnen hervorbringt. Perspektivisch stelle ich mir drei weitere Auswahlspielerinnen aus diesem Programm vor.
Was ist deine beste Eigenschaft?
van Duijn: Ich bin sehr enthusiastisch und hilfsbereit. Zudem stelle ich mich gerne neuen
Herausforderungen.
Und deine schlechteste?
van Duijn: Kann ich mein Deutsch nennen? Daran muss ich wirklich dringend arbeiten. Ich
habe nun angefangen, Filme aus meiner Kindheit und Jugend auf Deutsch anzuschauen. Mit
dem Verstehen wird es immer besser, aber das Sprechen fällt mir noch schwer.
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